OLG Stuttgart, Beschluss vom 21. Juli 2017 – 8 W 321/15 – Keine Erstattung der Kosten des Terminsvertreters,

bei der Beauftragung durch den Prozeßbevollmächtigten

In dieser Entscheidung wird die Ansicht vertreten, dass eine Kosten des Terminsvertreter nicht festgesetzt werden können, wenn der Terminsvertreter vom Prozessbevollmächtigten im eigenen Namen der Auftrag zur Terminvertretung erteilt wird. Die Terminsgebühr würde vom Prozessbevollmächtigten zu recht für eine Leistung gefordert, die er nicht in eigener Person erbracht, sondern die er anderweitig eingekauft habe. Daher seien dies Aufwendungen, die der Prozessbevollmächtigte gehabt habe, keine Auslagen im Sinne von Teil 7 des VV zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz.
Dies ist nach hier seit vertretener Auffassung falsch und wurde in jüngeren Entscheidungen vom LG Flensburg im Beschluss vom 24. Juli 2018 – 8 T 3/17 – und LG Flensburg, Beschluss vom 06. Juli 2018 – 3 O 291/16 –, so bestätigt. Die Kosten eines vom Prozessbevollmächtigten eingeschalteten Rechtsanwalts, der den Gerichtstermin wahrnehmen soll, sind Auslagen der Prozessbevollmächtigten, die zur Ausführung des Mandats gemäß Vorbemerkung 7 Abs. 1 Satz 2 VV-RVG i. V. m. § 675, § 670 BGB, erforderlich sein können, wenn nicht die fiktiven sonst anerkannten notwendigen Aufwendungen geringer sind.

Die Auffassung wie in diesem Beschluss des OLG Stuttgart vom 21. Juli 2017 – 8 W 321/15 –  wird auch vertreten von:

OLG Nürnberg, Beschluss vom 25. 09. 2001 – 5 W 2891/01 –

OLG Koblenz, Beschluss vom 25.07.2012 - 14 W 400/12 -

LG Flensburg, Beschluss vom 12.03.2018 - 6 HKO 69/16 -

 

vorgehend LG Stuttgart, 16. Juli 2015, 17 O 1231/14

Die Entscheidung lautet:

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin des Landgerichts Stuttgart vom 16.07.2015, Az. 17 O 1231/14,

abgeändert:

Auf Grund des Urteils des Landgerichts Stuttgart vom 24.02.2015 und des Beschlusses des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 26.05.2015 sind vom Beklagten an die Klägerin zu erstatten:

€ 1.846,60

nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB aus € 942,20 seit dem 05.03.2015 und aus weiteren € 409,40 seit dem 03.07.2015.

Der weitergehende Kostenfestsetzungsantrag der Klägerin vom 03.03.2015 wird

zurückgewiesen.

2. Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde der Klägerin

zurückgewiesen.

3. Die Klägerin trägt die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens, die auf € 30,00 ermäßigt werden. Im Übrigen tragen von den Kosten des Beschwerdeverfahrens die Klägerin 2/3 und der Beklagte 1/3.

Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens: € 424,80

Gründe

1 Die gemäß §§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde der Klägerin hat in der Sache teilweise Erfolg.

1.

2 Der angegriffene Kostenfestsetzungsbeschluss ist insoweit zu korrigieren, als zugunsten der Klägerin anstelle der beantragten 1,2-​fachen Terminsgebühr gemäß Nr. 3104 VV RVG in Höhe von € 424,80 lediglich ein Betrag von € 300,00 festgesetzt worden ist. Die Rechtspflegerin des Landgerichts hat angenommen, dass insoweit lediglich die zwischen den Hauptbevollmächtigten und dem Terminsvertreter vereinbarte Pauschalvergütung festgesetzt werden kann. Dem kann nicht gefolgt werden.

3 Gemäß § 5 RVG wird die Vergütung für eine Tätigkeit, die der Rechtsanwalt nicht persönlich vornimmt, nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bemessen, wenn er durch einen Rechtsanwalt vertreten wird. Liegen also - wie im vorliegenden Fall - die Voraussetzungen des § 5 RVG vor, dann erhält der Anwalt die volle Vergütung, die er auch erhalten würde, wenn er die entsprechende Tätigkeit selbst ausgeführt hätte (Mayer in: Gerold/Schmidt, RVG, 22. Auflage 2015, § 5 RVG, Rdnr. 8; N. Schneider in: Schneider/Wolf, Anwaltkommentar zum RVG,8. Auflage 2017, § 5 RVG, Rdnr. 52).

4 Erteilt der Terminsvertreter im eigenen Namen den Auftrag zur Terminswahrnehmung, so ist dieser im Regelfall Erfüllungsgehilfe des Prozessbevollmächtigten und verdient die Gebühr für diesen. Zwischen der Partei und dem Terminsvertreter wird kein Vertragsverhältnis begründet. Die Entschädigungspflicht richtet sich vielmehr nach der internen Vereinbarung zwischen dem Terminsvertreter und dem Prozessbevollmächtigten, der für die Ansprüche des Terminsvertreters in diesem Fall auch einzustehen hat (BGH NJW 2001, 753 m.w.N.).

5 Die interne Vereinbarung zwischen dem Terminsvertreter und dem Prozessbevollmächtigten betrifft ausschließlich deren Vertragsverhältnis, nicht aber das Mandatsverhältnis zwischen dem Prozessbevollmächtigten und der von ihm vertretenen Partei oder aber die Erstattungspflicht des unterlegenen Prozessgegners. Denn der Terminsvertreter verdient für den Prozessbevollmächtigten die Gebühren und wird dafür durch den Letzteren auf Grund der zwischen ihnen getroffenen internen Vereinbarung honoriert, die unter Umständen sogar „kollegialiter“ keine Entschädigungspflicht für die Tätigkeit des Terminsvertreters vorsehen kann (Mayer in: Gerold/Schmidt, a.a.O., § 5 RVG, Rdnr. 8 m.w.N.). Hierdurch verzichtet der Prozessbevollmächtigte aber keinesfalls gegenüber der Mandantschaft auf die ihm zustehende und durch den Terminsvertreter für ihn verdiente gesetzliche Vergütung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz und begünstigt hierdurch ebenso wenig den erstattungspflichtigen Prozessgegner.

6 Die im vorliegenden Fall von der Klägerin geltend gemachte Terminsgebühr ist danach durch die Tätigkeit des Terminsvertreters als Erfüllungsgehilfe des Prozessbevollmächtigten der Klägerin angefallen und auch nach § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO - in voller Höhe - erstattungsfähig.

7 Die in dem angegriffenen Kostenfestsetzungsbeschluss zitierte Entscheidung des Kammergerichts vom 20.11.2003 (Az. 1 W 43/03), der noch die Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung zugrunde lag, betraf nicht die vorliegende Konstellation eines vom Prozessbevollmächtigten im eigenen Namen beauftragten Terminsvertreters.

2.

8 Soweit die Klägerin darüber hinaus die Erstattung der Kosten von € 300,00 für den Terminsvertreter beziehungsweise zumindest eines Betrages in Höhe der fiktiven Reisekosten von € 196,00 begehrt, waren der Kostenfestsetzungsantrag und die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

9 Die Terminsgebühr wird in der vorliegenden Konstellation vom Prozessbevollmächtigten für eine Leistung gefordert, die er nicht in eigener Person erbracht, sondern die er anderweitig eingekauft hat. Daher handelt es sich bei den Aufwendungen, die der Prozessbevollmächtigte der Klägerin erbracht hat, gerade nicht um Auslagen im Sinne von Teil 7 des VV zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz.

10 Die Kosten können auch nicht mit dem Hinweis auf fiktive Reisekosten geltend gemacht werden: Fiktive Kosten sind nur anstelle von tatsächlich angefallenen Kosten zu erstatten. Der Partei sind aber neben der Terminsgebühr keine Kosten dieser Art entstanden (vgl. Müller-​Rabe in: Gerold/Schmidt, a.a.O., Nr. 3401 VV RVG, Rdnr. 137).

11 Die von der Klägerin im vorliegenden Zusammenhang zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 26.02.2014 (NJW-​RR 2014, 763) betrifft wiederum nicht den hier gegebenen Fall einer Beauftragung des Terminsvertreters durch den Prozessbevollmächtigten im eigenen Namen, sondern die Beauftragung des Unterbevollmächtigten durch die Partei, der - anders als der Vertreter gemäß § 5 RVG - eine Gebühr gemäß Nr. 3401 VV RVG verdient. Die ebenfalls von der Klägerin angeführte Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 13.09.2005 (NJW-​RR 2005, 1662) betrifft ebenfalls die Einschaltung eines Unterbevollmächtigten und setzt sich mit der nochmals anders gelagerten Frage auseinander, ob die erstattungsfähigen (tatsächlichen) Reisekosten des nicht am Gerichtsort ansässigen Rechtsanwalts der Höhe nach auf die Kosten beschränkt sind, die durch die Beauftragung eines solchen Terminsvertreters entstanden wären. Am obigen Ergebnis ändern beide Entscheidungen des Bundesgerichtshofes nichts.

3.

12 Die Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren beruht auf Nr. 1812 KV GKG, §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO.



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